Zur Verabschiedung des Zwischenberichts der Projektgruppe Verbraucherschutz sowie der abschließenden Sitzung der
Enquete Internet und digitale Gesellschaft erklären die hannoversche
SPD- Bundestagsabgeordnete Kerstin Tack sowie die Sachverständige Cornelia Tausch:
In der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft wurde klar: Im Gegensatz zu uns hat die Regierungskoalition keine Antworten auf die wesentlichen Verbraucherfragen.

Bei massenhaften Abmahnungen ist das Problem längst erkannt: Die Gebühren für Abmahnanwälte sind deutlich zu hoch. Wir fordern daher klare Schritte, um diese Gebühren gerade bei Erstverstößen zu senken. Die Regierungskoalition hat ähnliche Vorstellungen bereits in einem Gesetzesentwurf formuliert. Leider liegt dieser aber aufgrund interner Streitigkeiten in einer Schublade des Justizministeriums. Inzwischen ist kaum noch damit zu rechnen, dass er jemals das Licht des Bundestages sehen wird. Die Koalition empfiehlt dem Bundestag indes, verbesserte Informationspflichten für Inkassounternehmen einzuführen.

Verbraucherpolitik in der digitalen Welt muss an einem richtigen Verbraucherleitbild ausgerichtet werden. Um künftig für gute Verbraucherinformationen und Transparenz in der digitalen Welt zu sorgen, benötigen wir ein hohes Verständnis der Verbraucherinnen und Verbraucher. Dafür reicht das Leitbild des „mündigen Verbrauchers“ alleine nicht mehr aus. Nur wenn man erkennt, wann Verbraucherinformationen nicht mehr ausreichen, kann man eine zukunftsorientierte Verbraucherpolitik betreiben. Bei Bewertungsportalen kann man diese sensible Grenze gut beobachten: Test- und Bewertungsportale dienen Verbraucherinnen und Verbrauchern dazu, sich einen Überblick über die Angebote zu verschaffen. Allerdings nur dann, wenn die Bewertungen unverfälscht sind. Wir fordern daher aktuelle Defizite unter definierten Analyseschwerpunkten zu analysieren. Daneben regen wir an, die Transparenz und Verlässlichkeit der Portale in nationalen oder europäischen Regelungen zu sichern.

Auch in weiteren Fragen setzt sich die Problematik fort: Wir wollen einen Verbraucherschutz, der sich an der Realität der Verbraucherinnen und Verbraucher orientiert, während die Koalition lediglich die Quantität der Information erhöhen will. Das heißt, wir müssen Verbraucherverhalten in der digitalen Welt erforschen und für eine fortlaufende Bildung der Verbraucherinnen und Verbraucher sorgen. Wir müssen die Daten der Verbraucherinnen und Verbraucher schützen, anstatt in allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hinzuweisen, dass sie verarbeitet werden. Wir brauchen zudem einen Sachverständigenrat bei der Bundesregierung und ein jährliches Verbraucherpanel.

Um die Durchsetzung der Verbraucherrechte zu gewährleisten, fordern wir einen Marktwächter Digitale Welt, der Verbraucherbeschwerden aufnimmt, kanalisiert und im Zweifel auch mittels kollektiver Klagerechte durchsetzt. Ergänzend fordern wir eine Online-Plattform nach dem Vorbild www.lebensmittelklarheit.de auch für die digitale Welt zu etablieren. Auf einer solchen Plattform können Beschwerden direkt geäußert und an die Anbieterseite herangetragen werden.

Es ist bedauerlich, dass es bei der Verabschiedung des Zwischenberichtes Verbraucherschutz - anders als in allen anderen Projektgruppen der Internetenquete – nicht gelungen ist, sich wenigsten auf einige wenige gemeinsame Handlungsempfehlungen zu verständigen. Die Empfehlungen der Koalition beschränken sich auf ein paar wenige wolkige Empfehlungen – konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Verbraucherschutzes und zur Nutzung der zweifelsfrei bestehenden Potenziale der Digitalisierung zur Stärkung des Verbraucherschutzes sucht man vergebens.