Rede von Kerstin Tack im Deutschen Bundestag am 15.06.2018

Quelle: Deutscher Bundestag

Das Video zur Rede finden Sie auch auf der entsprechenden Seite des


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ja, alle Fraktionen hier im Bundestag sind angesichts der Situation der Langzeitarbeitslosen besorgt. Deshalb ist es gut, dass wir in dieser Legislatur nun schon zum dritten Mal über dieses Thema diskutieren. Die Aufmerksamkeit für diese Zielgruppe ist besonders wichtig ist, und deshalb ist es gut, dass wir sie als Koalition in den Blick nehmen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU])

Liebe Sabine Zimmermann, auch wir sprechen nicht von einem supertollen Arbeitsmarkt. Aber es ist schon sehr vermessen, von einer „Massenarbeitslosigkeit“ in Deutschland zu reden. Verglichen mit den Ländern um uns herum, glaube ich, ist das sehr stark abwertend gegenüber all denjenigen, die noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben, als wir sie hier in Deutschland haben. Ich glaube, dass es gut wäre, anzuerkennen, dass wir an dieser Stelle wirklich sehr gute Fortschritte gemacht haben. Das Wort „Massenarbeitslosigkeit“ gehört hier nicht in Anträge, auch nicht in Anträge der Linken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

In Ihrem Antrag schlagen Sie ein Konzept vor, von dem Sie sagen, dass Sie es in fünf oder zehn Jahren umsetzen wollen – immer unter der Maßgabe, dass Sie einmal mitregieren. Was tun Sie? Sie sagen: Erst einmal brauchen wir ein Steuerkonzept, das wir umsetzen und das seine Wirkung entfaltet, bevor wir mit Langzeitarbeitslosen im Programm mit immerhin 180 Milliarden Euro weiterarbeiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der komplette Bundeshaushalt umfasst Einnahmen in Höhe von 330 Milliarden Euro. Sie möchten ein Steuerkonzept, das den Bundeshaushalt um ein Drittel seiner jetzigen Einnahmen erhöht, mit Steuermaßnahmen für Bund, Länder und Kommunen. Herzlichen Glückwunsch zu einer Maßnahme, die, glaube ich, nicht einmal im Ansatz geeignet ist, um auf Kommunen entlastend oder gemeinsam konzeptionell zu wirken. Ich glaube, dass man an dieser Stelle mit einem Steuerversprechen von 120 Milliarden Euro eher Kopfschütteln denn Akzeptanz auslöst.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Dann sagen Sie: Erst einmal wollen wir noch die Verfassung ändern. – Kann man ja machen. Sie schreiben das natürlich nicht, weil Ihnen wahrscheinlich nicht klar ist, was die Umsetzung von Teilen Ihres Antrages bedeutet. Wenn Sie sagen, Sie wollen ein Vetorecht für die Beiräte vor Ort, dann sagen Sie doch auch: Wir möchten die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verändern. – Oder sagen Sie: Oh, das haben wir nicht gewusst. So weit soll es dann auch nicht gehen. – Aber beschäftigen Sie sich bitte mit den Sachen, die Sie hier behaupten und die Sie hier festschreiben.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU])

Dann komme ich zum Kollegen Kober. Das ist ja mal eine ganz heiße Nummer, sich hier als Vertreter der FDP hinzustellen und zu sagen, es wären finstere vier Jahre für Langzeitarbeitslose, die diese Koalition bereithält. Da muss ich sagen: Das ist echt frech.

(Beifall bei der SPD)

Denn in der Amtszeit von Schwarz-Gelb unter Frau von der Leyen als Arbeitsministerin hat es die größten Kürzungen im Bereich des SGB II in der gesamten Geschichte gegeben. Milliarden musste sie streichen, weil der Finanzminister ihr das auferlegte. Und wo hat sie gestrichen? Bei den Schwächsten. Das war Ihre Amtszeit, die Amtszeit von Schwarz-Gelb, die ja Gott sei Dank dann auch endete.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Aber sich hier hinzustellen und so zu tun, als wären Sie jetzt der Schutzpatron und der Robin Hood der Langzeitarbeitslosen, ist eine ganz große Nummer.

(Pascal Kober [FDP]: So ist es!)

Ich würde dafür werben, einmal in die eigene Vergangenheit zu schauen, an der Sie ja beteiligt waren, bevor man hier solche Reden schwingt. Schönes Wochenende.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU])