18.04.2013 - Schutz vor unseriösen Geschäftspraktiken
Rede von Kerstin Tack am 18.04.2013
Quelle "Deutscher Bundestag"
Das Video zur Rede finden Sie auch auf der entsprechenden Seite des
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die heutige erste Beratung steht unter dem Motto „Was lange währt …“. Ob es gut wird, werden die Ergebnisse der weiteren Beratungen noch zeigen; denn wir haben Gesprächs- und Beratungsbedarf zu diesem Gesetzentwurf. Insbesondere die Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten natürlich, dass die künftigen Regelungen gegen die Abzocke so gestaltet sind, dass sie umfassend und gut sind und dass sie nicht in absehbarer Zeit einer weiteren Überprüfung bedürfen. Wir erhoffen uns von den anstehenden Beratungen und insbesondere von der Anhörung, dass es Themen geben wird, über die wir uns noch verständigen können. Wir bitten die Bundesregierung, unserer Erwartungshaltung – diese werde ich gleich noch präzisieren – bei der einen oder anderen Thematik offen gegenüberzustehen. Die Beratungen dürfen kein Closed Shop sein; denn diese massenhafte Abzocke ist für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ein Riesenproblem und stellt einen Wahnsinnsangriff auf den Geldbeutel dar. An dieser Stelle wollen wir daher richtig gut und ausreichend regeln.
(Beifall bei der SPD)
Im Inkassobereich gibt es keine real existierende Aufsicht. Das ist ein wirklich ernst zu nehmendes Problem. Die 79 Landgerichte, die im Moment dafür zuständig sind, führen de facto keine ernst zu nehmende Aufsicht durch. Deshalb brauchen wir ein Gespräch darüber, wie eine gelingende, eine funktionierende und tatsächlich agierende Aufsicht für diesen Bereich aussieht. Hierzu liegen unterschiedliche Vorschläge auf dem Tisch. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen zum Beispiel fordert eine einheitliche Behörde auf Bundesebene und bietet sogar eine Umlagefinanzierung an. Das kann eine Möglichkeit sein. Eine andere Möglichkeit, die der Bundesrat empfiehlt, ist, dass in jedem Bundesland ein Landgericht für diesen Aufsichtsbereich als zentral zuständig erklärt wird. Die betreffenden Landgerichte müssen dann natürlich mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Ich finde, das ist ein interessanter Vorschlag. Wir sollten darüber nachdenken, wie sich am besten eine funktionierende Aufsicht herstellen lässt.
Der Bundesrat regt außerdem an, darüber nachzudenken, ob es nicht Sinn macht, dass auf jedem Inkassoschreiben oben oder unten die derzeit zuständige Aufsicht benannt wird, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, wohin sie sich wenden können.
Wir halten die Sanktionsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden für nicht ausreichend bzw. für ergänzungsbedürftig. Neben dem Verhängen von Bußgeldern oder der Entziehung der Erlaubnis muss es die Möglichkeit geben, zum Beispiel die Verwendung bestimmter Textbausteine zu untersagen. Das wäre hilfreich.
Wir verstehen nicht, warum nur auf Anfrage die Anschrift des ursprünglichen Auftraggebers mitgeteilt werden muss. Viele Forderungen werden weiterverkauft. Deshalb macht es Sinn, dass Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen können, woher die Ursprungsforderung stammt, die ihnen angelastet wird. Das kann nicht nur auf Anfrage und Bitte der Verbraucherinnen und Verbraucher passieren.
Wir sind nicht damit einverstanden, dass die Gebühren ausschließlich in einer Verordnungsermächtigung geregelt werden. Wir wollen eine Regelung im Gesetz. Ich glaube, an dieser Stelle haben wir einen sehr ernst zu nehmenden Dissens, über den wir debattieren müssen. Wir wollen zudem schärfere Verhaltensstandards und Berufspflichten für Inkassounternehmen. Entscheidend ist dabei die Frage, wie wir es schaffen können, dass seriöse Unternehmen nicht dadurch in Misskredit gebracht werden, dass andere mit geringer oder gar keiner Qualifizierung sich dieser Aufgabe stellen und unseriöse Praktiken anwenden. Auch hier besteht Diskussionsbedarf.
Wir werden auch darüber reden müssen, warum sich die Regelungen betreffend die Telefonwerbung ausschließlich auf die Gewinnspielbranche beziehen. Wir alle wissen, dass der Markt weit größer ist und einer umfassenderen Regelung bedarf.
Bei den Datenschutzfragen sind wir enttäuscht. Der erste Entwurf, den Sie vor einem Jahr vorgelegt haben, Frau Ministerin, sah noch vor, dass Datennutzung und Datenweitergabe einer aktiven Einwilligung der Verbraucherinnen und Verbraucher bedürfen. Nun haben Sie das aus dem Gesetzentwurf herausgenommen, sodass die Einwilligung wieder automatisch mit Zustimmung zum Kleingedruckten erteilt wird.
Ich halte das für einen echten Rückschritt für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir wollen, dass der Zustand Ihres Entwurfes vom März letzten Jahres wiederhergestellt wird und die ursprüngliche Regelung wieder in das Gesetz kommt. Wir werden darauf bestehen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher vernünftig einwilligen können.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben noch mehrere Punkte, die ich aber jetzt aus Zeitgründen nicht ausführen kann. Ich hoffe auf konstruktive Beratungen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind es allemal wert, dass wir uns verdammt viel Mühe geben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)