Rede von Kerstin Tack im Deutschen Bundestag am 23.11.2018

Quelle: Deutscher Bundestag

Das Video zur Rede finden Sie auch auf der entsprechenden Seite des


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist wie immer gut und richtig, dass wir heute mit dem Etat des BMAS, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, den größten aller Etats zu beraten haben; denn er enthält aus unserer Sicht die wichtigsten sozialpolitischen Aspekte. Wir leben in einer Welt, in der wir mit dem digitalen und technischen Fortschritt große Veränderungen haben. Der Klimawandel verändert unsere Lebensgewohnheiten, der globale Austausch unsere Einstellungen, der demografische Wandel unsere Bevölkerung. Das alles löst spürbar Ängste und Unsicherheit bei den Menschen aus. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir uns mit diesen Fragen intensiv beschäftigen und auch Antworten geben, die insbesondere die Stärkung unserer Systeme und des Sozialstaates zur Grundlage haben.

(Beifall bei der SPD)

Dass dieser Etat mit den bereits erwähnten 145 Milliarden Euro der größte und stärkste Etat ist, ist deshalb richtig und wichtig. Wir freuen uns darüber, dass wir bei den Kolleginnen und Kollegen der FDP mit unserem Koalitionsvertrag eine gute Grundlage gelegt haben, von der aus sie Ideen für Haushaltsanträge gewinnen, indem sie unsere Vorstellungen zur Weiterentwicklung des Bildungs- und Teilhabepaketes abgeschrieben und in einen Haushaltsantrag gestellt haben.

(Otto Fricke [FDP]: Ja, dann können Sie ja zustimmen! Stimmen Sie zu!)

Wir freuen uns, mitteilen zu können: Wir werden im nächsten Jahres steht im Koalitionsvertrag mit dem Familienstärkungsgesetz nicht nur das Bildungs- und Teilhabepaket erweitern,

(Otto Fricke [FDP]: Wann? Ab wann?)

sondern auch die Mittel für den Kinderzuschlag um 1 Milliarde Euro erhöhen. Das ist richtig.

(Beifall bei der SPD)

Dazu brauchten wir keine Unterstützung der FDP. Das war für uns schon in den Koalitionsverhandlungen wichtig.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin Tack, jetzt haben Sie eine Zwischenfrage aus der FDP provoziert. Mögen Sie sie zulassen?

Kerstin Tack (SPD): Aber natürlich.

Pascal Kober (FDP): Frau Kollegin Tack, wenn Sie es für richtig halten, dass das Bildungs- und Teilhabepaket finanziell aufgestockt wird: Welchen vernünftigen Grund kann es dann geben, die Kinder noch länger auf diese Chance warten zu lassen? Stimmen Sie doch einfach zu! Erhöhen Sie die Mittel des Bildungs- und Teilhabepakets! Schon am 1. Februar wird die zweite Tranche des Schulstarterpakets ausgezahlt. Da könnten Sie schon ganz einfach eine leichte Erhöhung ermöglichen. Warum machen Sie das nicht?

(Beifall bei der FDP)

Kerstin Tack: Ich will Ihnen sagen, dass wir mit Ihren Vorschlägen nicht zufrieden sind; denn wir haben weiter gehende Vorschläge, die wir im Rahmen des Familienstärkungsgesetzes einbringen werden.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist unsere Antwort eine weiter gehende als Ihre Antwort, und sie ist eingebettet in ein Gesamtpaket eines starken Familiengesetzes. Es macht Sinn, ein Gesamtpaket zu formulieren. Insofern werden wir mit unserem Gesetz für eine ganzheitlichere Antwort sorgen. Ich will etwas zu der aktuellen Debatte sagen, die wir über die Frage des Sozialstaates der Zukunft führen. Ich bin etwas überrascht, dass sich die einen oder anderen darüber wundern, dass es aktuell eine Diskussion um die Frage des Sozialstaates der Zukunft gibt. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist doch unser politischer Auftrag.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Alles andere wäre doch politische Arbeitsverweigerung. Selbstverständlich muss man sich, wenn man vor 13 Jahren eine Reform gemacht hat, die sich mit der Teilhabe am Arbeitsleben unter den damals existierenden Bedingungen auseinandergesetzt hat, heute Gedanken darüber machen, wie man unter den heutigen Bedingungen Teilhabe am Arbeitsleben organisiert, wie man Sozialstaatlichkeit neu diskutiert, wie man es schafft, dass Zugänge vereinfacht werden, dass Existenzängste genommen werden, dass existenzsichernde Leistungen gewährt werden, dass wir darüber reden, wie wir uns auf Armut in Deutschland, insbesondere Kinderarmut, einstellen und mit der Kindergrundsicherung eine Antwort darauf geben können, wie wir es schaffen, jedem ein Recht auf Arbeit zu organisieren, wie wir es schaffen, dass wir mit einem Sozialstaat Verlässlichkeit, Sicherheit und Zugänglichkeit für die Zukunft nicht nur weiter garantieren, sondern auch verbessern. Das ist doch selbst verständlich. Das ist unser Auftrag. Damit beschäftigen wir uns wie viele andere auch. Das ist richtig, wichtig, notwendig und, ich glaube, auch Erwartungshaltung an künftige Politik – unabhängig von der Partei, die das gerade diskutiert.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Haushalt ist ein erster und wichtiger Schritt, damit wir die Maßnahmen, die wir in den letzten Wochen schon diskutiert, behandelt und verabschiedet haben, umsetzen können. Er setzt richtige und wichtige Zeichen. Ich freue mich, dass wir uns über das hinaus, was hier mit dem sozialen Arbeitsmarkt, mit dem Rentenpakt schon häufig diskutiert wurde, auch einer Zielgruppe zuwenden – das möchte ich noch einmal besonders erwähnen –, die es besonders schwer hat: den Menschen mit Behinderungen. Wir haben uns, was den Zugang zum Arbeitsmarkt angeht, hier richtig ins Zeug gelegt. Wir haben mit dem Programm „rehapro“ dafür gesorgt, dass es einen echten, modernen und neu konzipierten Zugang geben kann,

(Beifall des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])

dass wir Schnittstellen besser definieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist wichtig.

Wir haben es dank dem Kollegen Matthias Bartke, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und Soziales, geschafft, dass wir die Mittel erhöhen können und jede Debatte des Deutschen Bundestages in Gebärdensprache übersetzt wird, nicht nur in der Kernzeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein richtig wichtiger Schritt für Teilhabe in Deutschland. Dass wir das jetzt organisieren, ist gut, richtig und super. Der Haushalt 2019 im Bereich Arbeitsmarkt und Soziales drückt in Zahlen aus, was wir uns politisch auf die Fahnen geschrieben haben: mehr soziale Sicherheit, besserer gesellschaftlicher Zusammenhalt, gegenseitige Wertschätzung. All das ist in Zahlen formuliert der Haushalt der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, gut angelegtes Geld. Dankeschön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)