Rede von Kerstin Tack im Deutschen Bundestag am 27.01.2021

Quelle: Deutscher Bundestag


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Frau Präsidentin!

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Schlund, Glückwunsch zur Auseinandersetzung mit dem gesunden Menschenverstand! Wie sagt man so schön: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Vielleicht können Sie bei Ihrer Reflexion die eigenen Überlegungen stärker in den Blick nehmen.

Wir befinden uns in einer Situation, die ihresgleichen sucht und in der es keine Vorerkenntnisse und keine Vorerfahrung gibt. Und da wundert man sich manchmal schon, was man sich hier in diesem Hohen Hause an Schlauschwätz und an „Habe ich immer gesagt!“ anhören muss.

Fakt ist: Es ist wie beim Fußball. Es gibt Tausende von Trainern, aber keiner hat bisher selber trainiert. Deshalb will ich sagen, dass es manchmal nicht ganz verkehrt ist, ein bisschen innezuhalten und auf den Hinweis zu verzichten, dass man etwas angeblich schon einen Tag früher gesagt hat – allerdings ohne einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Das ist ein bisschen mau, auch für eine Oppositionsfraktion.

Heute geht es unter anderem um die Frage: Wie kommen wir wieder zu Öffnungen? Ich kann den Wunsch nach einer Öffnung gut nachvollziehen. Jeder von uns hat ein hohes Maß an Sehnsucht nach einem Alltag, der für uns alle endlich nicht mehr so viele Einschränkungen bringt. Darauf freuen wir uns. Aber wer über eine Öffnung reden will, der muss heute auch alles dafür tun, dass wir überhaupt in eine Lage kommen, in der es Sinn macht, solche Diskussionen zu führen.

Unter allen Maßnahmen, die wir im letzten Jahr und auch in diesem Jahr veranlasst haben, gab es Maßnahmen, die überarbeitet, überprüft, ergänzt und erweitert werden mussten. Aber etwas hat uns die ganze Zeit hindurch getragen, und das war die Erkenntnis, dass das einzig Hilfreiche ist, Abstand zu wahren und miteinander so umzugehen, dass wir uns und andere bestmöglich schützen.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es richtig, alles dafür zu tun, dass wir an dieser Stelle weiterkommen. Wir haben in den letzten Wochen darüber geredet, wie wir, was die Arbeitswelt angeht, noch besser werden können.

Es hat vor Weihnachten von der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten den dringenden Appell an die Unternehmen in Deutschland gegeben, dort, wo immer möglich, dafür zu sorgen, dass die Zahl der Begegnungen weiter reduziert und möglichst von Zuhause gearbeitet wird. Das war ein richtiger Appell, es war aber auch ein eindringlicher Appell. Es gibt viele Unternehmen in Deutschland, in denen die Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern gemeinsam gute Lösungen gefunden haben; dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Dass wir jetzt noch mal nachschärfen müssen, hat damit zu tun, dass es immer noch viele Unternehmen gibt, in denen noch mehr an Kontaktbeschränkung und -vermeidung möglich wäre. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir zur Vermeidung von noch stärkeren Maßnahmen, die keiner von uns will, noch einmal sehr deutlich machen: Bitte sorgt dafür, dass in euren Unternehmen alles Erdenkbare getan wird.

Es ist richtig, dass wir nicht nur über Homeoffice, sondern auch über die Arbeitsschutzregeln in den Unternehmen und über die Zurverfügungstellung von Masken geredet haben; denn unser gemeinsames Anliegen kann doch nur sein, noch härtere Maßnahmen und größere Lockdowns, auch für die Wirtschaft, zu vermeiden. Wer das möchte, der muss heute dafür sorgen, dass an dieser Stelle nichts anbrennt.

Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass wir heute zu weiteren Maßnahmen gekommen sind. Ich glaube aber, dass wir uns besonders um die kümmern müssen, die durch die verschärften Maskenregeln mehr belastet werden. Sozialpolitisch ist es geboten, nicht nur an die Unternehmen zu denken, sondern auch an diejenigen, die es jetzt in der Krise besonders schwer haben. Deshalb ist es richtig, dass sich das Bundeskabinett heute entschieden hat, die Vergabe von Masken an diejenigen kostenfrei zu organisieren, für die der Kauf dieser Masken aus finanziellen Gründen nicht möglich ist.

Es ist außerdem richtig, dass wir jetzt einen weiteren Schritt machen und diejenigen, die in schwierigen Lebenssituationen sind, mit einem Coronazuschuss unterstützen. Meine dringende Erwartung an die Bundesregierung ist, dass das in den nächsten Tagen gemeinschaftlich gut diskutiert und nach vorne gebracht wird. Ich glaube, bei allen Einschränkungen ist auch erforderlich, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass es einige in diesem Land ganz besonders hart trifft. Auch für diejenigen tragen wir Verantwortung. Dafür möchte ich an dieser Stelle werben.

Herzlichen Dank