„Flüchtlinge als Herausforderung – Flüchtlinge als Chance“
Rund 200 Gäste bei der Podiumsdiskussion der hannoverschen Bundestagsabgeordneten Kerstin Tack zur aktuellen Lage der Flüchtlinge
Auf Einladung der hannoverschen SPD-Bundestagsabgeordneten und behindertenpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Tack, diskutierten im Bürgerhaus Misburg viele interessierte Hannoveranerinnen und Hannoveraner über Wege zur Gestaltung einer menschlichen und zukunftsfähigen Flüchtlingspolitik. Denn nicht zuletzt das Schiffsunglück vom 19. April diesen Jahres mit über 800 Toten hat die Debatte, um den humanitären Umgang mit Flüchtlingen befeuert – und ins Zentrum der öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit gerückt. An diesem Abend hat die hannoversche SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Tack ein fachkundiges Podium zusammengestellt, bestehend aus dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, dem Oberbürgermeister Stefan Schostok, dem Regionalleiter Hannover der Deutsch Atlantischen Gesellschaft, Alptekin Kirci, Dr. Peyman Javaher-Haghighi von der Migrantenselbstorganisation kargah sowie dem Geschäftsführer vom Flüchtlingsrat Niedersachsen, Kai Weber.
Bundespolitische Maßnahmen: Schnellere Bearbeitung der Asylanträge, besserer Zugang zu Sprachkursen und finanzielle Entlastung der Kommunen
Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlingen werden in diesem Jahr 450.000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet, diese Zahl ist historisch einmalig. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, betonte, dass sich die Bundesregierung dieser Herausforderung bewusst sei – und alles getan werde, um den Menschen aber auch den Kommunen in dieser Situation gerecht zu werden. So würden allein im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 650 neue Stellen geschaffen, um eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Zudem würde der Bund den Kommunen in diesem Jahr 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um die Kosten für die Unterbringung abzumildern. Dadurch können die Kommunen mehr Sprachkurse anbieten und den Flüchtlingen, eine schnellere und bessere Integration ermöglichen, so Lischka. In einem sehr ehrlichen Vortrag betonte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion auch, dass die hiesigen Asylgesetze nicht für alle Flüchtlinge anwendbar seien, sodass insbesondere den Flüchtlingen aus den Balkanstaaten, andere Wege der Einwanderung, ermöglicht werden müssten. Denn ein vernünftiges Einwanderungsgesetz würde nicht nur den Menschen aus dem Balkan neue Perspektiven ermöglichen, sondern gleichzeitig dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken.
„Das Thema Flüchtlinge ist kein Thema der Unterbringung, sondern der Integration“
Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover würdigte in seinem Beitrag insbesondere das zivilgesellschaftliche Engagement in Hannover und betonte, dass Integration weit über die Unterbringung und Sprachförderung hinaus gehe. Er plädierte dafür, Flüchtlingspolitik als Gemeinschaftsaufgabe zu sehen, zu der jeder einen Beitrag leisten könnte.
Alptekin Kirci von der Deutsch Atlantischen Gesellschaft hob das Thema Bildung hervor und sprach sich dafür aus, nicht nur in Deutschland für Flüchtlinge tätig zu sein, sondern die Ursachen der Flucht vor Ort zu bekämpfen. Denn schließlich verlasse niemand freiwillig seine Heimat.
Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen begrüßte die derzeitigen Bemühungen der Bundesregierung in Bezug auf die Flüchtlingspolitik, wenngleich er die Situation der Menschen aus dem Balkan differenzierter betrachtete. So machte er auf die prekäre Lage von Sinti und Roma aufmerksam, die vielfach unter Verfolgungen in ihren Heimatländern litten.
Dr. Peyman Javaher-Haghighi stellte in der Diskussion fest, dass vor der Klärung der Unterkunftsfrage sowie dem Zugang zu Sprachkursen, der Familiennachzug verbessert werden müsste. Denn, wenn jemand ständig in Angst um seine Familie lebe, wäre jegliche Lernfähigkeit stark vermindert.
„Die Frage der psychosozialen Betreuung ist elementar für die Integration der Flüchtlinge“
MdB Frau Tack stellte in ihrem Schlusswort klar, dass es noch keinen politischen Konsens darüber gebe, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei. Insofern seien viele Forderungen, wie ein verbesserter Zugang zum Arbeitsmarkt dementsprechend schwierig umzusetzen. Zudem rückte Kerstin Tack den humanitären Aspekt der Flüchtlingspolitik in den Vordergrund und forderte insbesondere eine psychosoziale Unterstützung der Flüchtlinge, die nicht an der Kostenfrage scheitern dürfe. Denn an diesem Punkt entscheide sich, wer nach Monaten und Jahren der Flucht und des Krieges in Deutschland physisch und psychisch, überleben könne.