Ich heiße Lisa und studiere Politikwissenschaften an der Leibniz Universität in Hannover. Im Rahmen meines Studiums muss ich ein achtwöchiges Praktikum oder zwei vierwöchige Praktika meiner Wahl absolvieren.
Da man als Politikwissenschaftler auf dem Arbeitsmarkt quasi alles und nichts machen kann, waren den Möglichkeiten für den Arbeitsplatz als Praktikant auch relativ wenig Grenzen gesetzt. Doch wohin bei der großen Auswahlmöglichkeit?

Relativ schnell fiel die Entscheidung auf den Bundestag, denn wo kann man Politik näher erleben als in Berlin?

Am Morgen meines ersten Praktikumstages wurde ich sehr nett von Kerstin und ihren Mitarbeitern Heidi, Franziska und Niko in Empfang genommen. Nachdem mir kurz das Büro gezeigt wurde, wir gemeinsam meinen Wochenplan durchgegangen sind und meinen Hausausweis beantragt hatten, durfte ich direkt an einigen Gesprächen von Kerstin mit ihren Gästen im Büro teilnehmen.
Auch die nächsten Tage ging das Programm straff weiter: Am Dienstagmorgen begleitete ich Kerstin zur AG Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion und besuchte anschließend noch weitere Veranstaltungen.

Zwischendurch war allerdings auch Zeit, die Fraktionsebene zu besichtigen, und Niko erzählte mir, welcher Politiker nun gerade an uns vorbei lief. Ich muss zugeben außer den Gesichtern, denen man ab und an im Fernsehen begegnet, waren mir viele Namen unbekannt, vielleicht hatte ich da noch etwas Nachholbedarf. Dafür war der Blick von der Kuppel des Bundestages umso schöner.

Am Mittwoch habe ich mich besonders auf den Besuch im Ausschuss für Arbeit und Soziales gefreut, in dem Kerstin Mitglied ist. Wann hat man schon mal die Möglichkeit, mit in einen Ausschuss zu gehen? Das war eine richtig tolle Erfahrung, auch wenn die Ausschüsse einem oft ein großes Konzentrationsvermögen abverlangen, da sie sich manchmal wirklich in die Länge ziehen können. Missen würde ich dieses Erlebnis aber trotzdem nicht wollen. Am dritten Tag habe ich mich dann auch das erste Mal mehr oder weniger erfolgreich durch die vielen Gänge, Tunnel und Brücken getraut, die hier alle wichtigen Einrichtungen unterirdisch, sowie oberirdisch, verbinden. Das ist sehr praktisch, da ich durch dieses System von unserem Büro zum Beispiel direkt in das Paul-Löbe-Haus gelange, ohne dutzende Straßen überqueren zu müssen. Gerade für die, wie ich hier gelernt habe, unter einem eng gestrickten Zeitplan stehenden Politiker, ist das sehr hilfreich, um wenigstens ein bisschen Zeit zu sparen.

Anschließend besuchte ich noch die SPD-Betriebsrätekonferenz und brach mit Kerstin zu einem wahren „AG-Marathon“ auf (unter anderem AG Modernes Teilhabergesetz) und besuchte die AWO Parlamentariergruppe der SPD-Fraktion, bevor ich abends müde ins Bett fiel.

Für den Donnerstag war am Morgen eigentlich eine Plenarsitzung eingeplant, die ich liebend gern besucht hätte. Kurzer Hand musste allerdings umgeplant werden, da keine Plätze mehr verfügbar waren, so „quälte“ ich mich stattdessen durch Büroarbeit, was aber völlig okay war, da sie ja auch irgendwie einfach dazu gehörte und auch gemacht werden musste. Heidi versicherte mir noch, dass das mit der Plenarsitzung die nächsten Wochen sicher nochmal klappt, und so fiel mir das Einsortieren und Sortieren von Briefumschlägen und Infomaterial gleich deutlich leichter.

Am Abend durfte ich dafür noch das Bundeskanzleramt besichtigen, was als „Normalbürger“ auch eher schwierig ist und vom SPD-Praktikantenprogramm organisiert wurde. Allgemein bietet das SPD-Praktikantenprogramm gute und schöne Möglichkeiten von Besichtigungen etc. für Praktikanten und studentische Mitarbeiter an und verhilft so, auch Kontakt zu mehr oder minder Gleichaltrigen herzustellen, was gerade praktisch ist, wenn man, wie ich als Neuling, allein nach Berlin gereist ist und am Abend, wenn man denn noch Lust hat, was zu unternehmen.

Da ich allerdings oft Abendveranstaltungen besucht habe, war dafür kaum Zeit und musste so zwangsläufig auf das Wochenende verschoben werden. Neben Abendveranstaltungen gab es auch Außentermine, zu denen ich Kerstin begleitet habe. So auch zum Abschluss meiner ersten Woche in Berlin.

Da die kommende Woche eine sitzungsfreie Woche war, verbrachte ich diese im Büro in Hannover und musste mich nach der Aufregung der letzten Tage erneut auf eine neue Situation vorbereiten.
Ich hatte zwar bereits kurz in Berlin mit Tanja, Kerstins wissenschaftlicher Mitarbeiterin im BürgerInnenbüro in Hannover, telefoniert, richtig kennen gelernt hatten wir uns aber nicht, was aber keine großen Probleme bereiten sollte, denn ich wurde in Hannover sehr nett und freundlich von ihr begrüßt.

Ich hab schnell gemerkt, dass die Arbeit dort ein bisschen was anderes als in Berlin ist. Allgemein war es ruhiger und die Arbeit beschränkte sich für mich größtenteils auf Büroarbeit. Da Tanja und ihr Kollege Frank aber Aufgaben für mich vorbereitet hatten, hatte ich genügend zu tun, durfte mit an dem „kontackt“, ein regelmäßiger Newsletter von Kerstin, mitarbeiten, Pressemitteilungen verfassen und auch Listen etc., überarbeiten.

Vereinzelt habe ich auch Veranstaltungen besucht. Besonders interessant war die Teilnahme an der Wahlkreiskommission, da dort im Gegensatz zu Berlin alles mehr auf lokaler Ebene stattfindet, und man so auch mal mitbekommt, was vor Ort los ist und passiert, was Kerstin sehr wichtig ist.
Auch Spaß gemacht hat das Kleben von Karten für die Marktwoche, die leider erst nach meinem Praktikum stattfindet, aber Tanja hat viel spannendes davon erzählt und zu zweit verging die Zeit beim Kleben auch gleich viel schneller.

Obwohl ich mich bewusst für drei Wochen Berlin und nur eine Woche Hannover entschieden habe, fiel mir der Abschied dann doch schwer, gerade weil ich die weniger stressfreie Arbeitsatmosphäre in Hannover sehr genossen habe.

Dennoch freute ich mich auf Berlin, denn Heidi hatte mir für die nächste Woche eine Teilnahme an einer Plenarsitzung ermöglicht und ist auch meinem Wunsch, nochmal einen anderen Ausschuss zu besuchen, gerne entgegen gekommen. So stand am Mittwoch der Ausschuss für Gesundheit auf meinem Ablaufplan.

Des Weiteren freute ich mich sehr, dass man ab und an die Möglichkeit bekam, sich bei politischen Talkshows und anderen Sendungen, auf die Gästeliste setzen zu lassen. Eine Sendung live im Studio mitzuverfolgen ist immer eine tolle Erfahrung und nebenbei ein tolles Abendprogramm.

Da wir die kommenden 2 Wochen auch noch zwei Schulklassen als Besuchergruppen hatten, durfte ich auch noch ordentlich Taschen packen und sogar den Bericht zu einer Schulklasse schreiben.

Das Highlight der letztens zwei Wochen war die Werkstatträtekonferenz. Dort hat man sehr gut das Gefühl für die Behindertenpolitik bekommen. Zudem hatte ich für diese Konferenz eine Pressemitteilung verfasst und half bei der Durchführung der Veranstaltung.

So gingen die vier Wochen auch schneller rum als gedacht. Besonders beeindruckt während meines Praktikums hat mich, was Politiker sein für eine harte und anstrengende Arbeit bedeutet, die dem Klischee „Politiker tun nichts.“ absolut nicht gerecht wird. Meine Freizeit als Student werde ich in nächster Zeit definitiv mehr zu schätzen wissen…